Rotheo liefert in der Krise

Die Coronakrise hat vieles verändert. Gerade die Gastronomie hat es schwer getroffen. Schließlich mussten Restaurants, Bistros und Kneipen wochenlang geschlossen bleiben. Wie erging es eigentlich unserer inklusiven Stadtteilküche Rotheo? Geschäftsführerin Claudia Liedtke berichtet vom Engagement – ein weiterer Beitrag unserer Lichtblick-Reihe.

Frau Liedtke, das Rotheo hat eine schwere Zeit hinter sich. Beide Filialen in Kattenturn und Huckelriede mussten von einem Tag auf den anderen schließen. Was für ein Gefühl war das?
Am 16. März mussten wir die Restaurants spontan schließen. Das war für alle Mitarbeiter*innen ein ziemlich schlimmes Gefühl. Wir wussten ja auch nicht, wann wir wieder öffnen dürfen. Das Rotheo hatte sich ja gerade etabliert. Unser Mittagtisch wurde in der Nachbarschaft sehr gut angenommen. Insgesamt war die Lage vor dem Lockdown sehr gut. Dann musste plötzlich und auf unbestimmte Zeit geschlossen bleiben. Es war wirklich traurig.

Und trotzdem blieb die Küche nicht kalt. Wie ging es weiter?
Den Kopf in den Sand zu stecken hilft ja nicht. Nein, vielmehr war Kreativität gefragt. Was können wir für unsere Mitmenschen tun? Wie können wir uns trotz allem Leid einbringen? Und ja, es gab tatsächlich die Möglichkeit, tätig zu werden.

Und zwar?
Die Behindertenwerkstätten wurden ja ebenfalls auf unbestimmte Zeit geschlossen. Viele Bewohner*innen aus den Wohneinrichtungen des Martinsclub arbeiten dort. Mittags werden sie dort auch verpflegt. Plötzlich fiel dies weg. In den Häusern musste täglich eine zusätzliche Mahlzeit organisiert werden. Keine leichte Aufgabe. Menschen mit Beeinträchtigung kann dies vor große Probleme stellen. Unser Betriebsleiter Jörg Olling hatte daher die Idee, die Häuser zu beliefern. Also haben wir einen Lieferservice eingerichtet.

Wie wurde das organisiert und wie lief es ab?
Über den Wohnbereich des Martinsclub haben wir die Speisepläne verschickt. Die Häuser haben dann entsprechend die benötigten Mengen bei uns bestellt. Bezahlt wird kontaktlos, also ohne Bargeld. Die Mahlzeiten wurden dann jeden Tag frisch zubereitet. Anschließend hat Frau Eren das Essen in die Häuser gefahren. Die Bewohner*innen hatten also jeden Tag ein warmes, frisch gekochtes und preiswertes Mittagessen. In einer Krisensituation ist das viel wert. Aber nicht nur unser Wohnbereich hat vom Lieferdienst profitiert. Einige Kindergärten in Notbetreuung haben wir ebenfalls mit Essen versorgt. Und auch die Tagespflege der Bremer Heimstiftung nutzt das Angebot. Zudem wurden einige ältere Menschen im Stadtteil beliefert. So hatten Sie ein günstiges Mittagessen und ein Mindestmaß an Kontakt. Einige Stammgäste haben sich den Mittagstisch auch bei uns rausgeholt. Insgesamt kommen wir seit März täglich auf etwa 130 Mahlzeiten. Diese haben wir, inklusive Dessert, für 4 Euro pro Person ausgegeben.

Wie waren denn die Rückmeldungen?
Sehr positiv. Unsere Nutzer*innen im Wohnbereich waren begeistert. Und auch unsere Mitarbeiter*innen in den Wohnhäusern wurden damit sehr entlastet. Wir haben ihnen einen verlässlichen Service geboten. Darauf können wir, finde ich, stolz sein.

Gab es einen besonderen Corona-Speiseplan?
Auf die Pandemie haben wir da eigentlich nicht gesondert geachtet. Wie legen Wert auf Regionalität und frische Zutaten. Generell versuchen wir, viel frisches Gemüse zu verarbeiten. Ganz unabhängig von Corona ist die Ernährung ja ein wichtiger Faktor. Gesunde Ernährung trägt zu einem starken Immunsystem bei.

Waren denn einzelne Gerichte besonders beliebt?
Süßspeisen wie Kaiserschmarrn oder Milchreis gingen sehr gut weg. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Menschen mehr Süßes gegönnt haben. Das tut in einer solch schwierigen Zeit sicherlich gut.

In Bremen darf die Gastronomie seit Kurzem wieder öffnen. Wie hat das Rotheo den Neustart gemeistert?
Wir haben einen Hygieneplan erstellt und unsere Mitarbeiter*innen entsprechend geschult. Unsere Gäste sollen sich bei uns wohl und sicher fühlen. Ich denke, dass wir gut gewappnet. Die behördlichen Vorgaben machen uns keine Probleme. Besonders schön ist übrigens, dass wir in beiden Bistros Außenbereiche haben. In Kattenturm ist auch der angrenzende Spielplatz wieder geöffnet. Besonders Familien mit Kindern können wir ein tolles Ambiente bieten.

Zum Abschluss: Was war in der Coronakrise die größte Herausforderung?
Allen Mitarbeiter*innen täglich wieder Mut zu machen, war eine Herausforderung. Aber es schweißt auch zusammen. Letztlich konnten wir uns so gemeinsam auf bessere Zeiten freuen. Außerdem war die Situation natürlich wirtschaftlich schwierig. Hier hat uns die Spende der Sozialkampagne „WeKickCorona“ sehr geholfen. Darüber haben wir einen Beitrag von 3.000 Euro erhalten. Insgesamt sind wir gut durch die Krise gekommen. Alle Arbeitsplätze konnten gesichert werden. Das ist mir am wichtigsten. Vor allem, weil wir ja auch Menschen mit Beeinträchtigung beschäftigen. Unsere Mannschaft hat es alles toll gemacht. Solange die Werkstätten geschlossen sind, bleibt unser Lieferdienst auch noch weiter bestehen.

 

Weitere Corona-Lichtblicke:

Simone Umlauft kümmert sich um drei ältere Damen.

Bärbel Remmers näht ehrenamtlich Gesichtsmasken.

Moritz Hahndorf geht für ältere Menschen einkaufen.

In der Vahr ist eine Martinsclub-Nähwerkstatt entstanden. Regionalleiterin Brenda Berning sagt DANKE.

Gespendete Spielkonsolen sorgen für Abwechslung in den Wohneinrichtungen.